Einmal im Leben auf der Großen Mauer in China zu stehen ist ein Traum vieler Menschen, und es war viele Jahre lang auch mein Traum. Als ich nun meinen Fuß auf eines der größten und beeindruckendsten Bauwerke der Erde setze, bin ich sprachlos. Vor mir liegt dieses mächtige Weltwunder, das man sogar aus dem Weltall sehen kann und das sich über Tausende von Kilometern von Ost nach West entlang der nördlichen Grenze des Landes zieht.

Es ist der 15. April 2013. Um 9.00 Uhr morgens treffen wir uns in der Lobby des Hotels und nehmen einen privaten Bus nach Mutianyu, einem Abschnitt der Großen Mauer, der 70 Kilometer nordöstlich von Peking liegt. Die Fahrt dorthin dauert zwischen anderthalb und zwei Stunden. Vom Parkplatz aus passieren wir diverse kleine Geschäfte und lokale Händler, die versuchen, T-Shirts, Postkarten und alle anderen erdenklichen Arten von Souvenirs zu verkaufen. Ein Einheimischer hat sich als mongolischer Barbar verkleidet und versucht Geld zu verdienen, indem er mit Touristen posiert, die ein Foto zusammen mit ihm haben möchten.

Die Große Mauer liegt hoch über uns. Der Mauerabschnitt in Mutianyu ist 2.250 Meter lang und soll einer der am besten erhaltenen Abschnitte der Großen Mauer sein. Seine Errichtung begann im 6. Jahrhundert während der Nördlichen Qi-Dynastie; Mutianyu ist demnach älter der Mauerabschnitt in Badaling, der von den meisten Touristen und Reisegruppen besucht wird. Bemerkenswert in Mutianyu sind die 22 Wachtürme. Die Große Mauer selbst ist hier sieben bis acht Meter hoch und an der Mauerkrone vier bis fünf Meter breit.

Wir haben die Wahl, ob wir lieber die Seilbahn oder die Treppe zur Großen Mauer nehmen möchten. Fünf andere Leute aus der Gruppe und ich beschließen, mit der Seilbahn hochzufahren, die anderen entscheiden sich, die Treppe hinaufzusteigen. Es gibt zwei Seilbahnen, die zur Mauer hochführen, eine ist offen wie ein Ski-Lift und bringt die Besucher bis zum Wachturm Nr. 6. Die andere, die wir nehmen, hält in der Nähe von Wachturm 14. Von der Kabine aus können wir die Landschaft vorbeiziehen sehen und haben einen fantastischen Ausblick auf die Mauer, die sich höher und höher zieht.

Als wir aus der Seilbahn steigen, müssen wir noch auf diejenigen warten, die die Treppe nehmen, deswegen beschließen wir, ein bisschen die Mauer entlangzulaufen und die nahegelegenen Wachtürme zu erkunden, bevor wir zum Wachturm Nr. 14 zurückkehren, um den Rest unserer Gruppe zu treffen.

Auf der Mauer unterhalte ich mich mit einigen meiner Mitreisenden. Frances und ihr Freund Jason haben gerade eine sechsmonatige Weltreise begonnen. Vor ihrer Ankunft in China sind sie bereits in Japan gewesen, um die Kirschblüte zu sehen. Frances‘ Vater Terence ist extra nach China gekommen, um diesen Teil ihrer Weltreise gemeinsam mit ihnen zu machen. Vikki and David befinden sich ebenfalls auf einer Reise rund um den Globus, sie reisen jedoch ein paar Monate länger als Frances und Jason, beabsichtigen jedoch, zwischendurch für eine Hochzeit nach Hause zu fliegen. Die südafrikanische Familie und Carly, die junge Britin, haben genau wie ich, bereits in der Vergangenheit Abenteuer-Touren wie diese hier gemacht.

Ich laufe eine ganze Zeitlang mit Leon, unserem chinesischen Tourleader, die Mauer entlang. Er arbeitet seit 2009 für G Adventures und hat zuvor für ihren australischen Wettbewerber und eine chinesische Reiseagentur gearbeitet. Wir unterhalten uns über die Touren, die er geleitet hat, über unterschiedliche Arten von Reisen und darüber, was wir mögen bzw. nicht mögen, wenn wir unterwegs sind. Schon bald werden wir von einigen lokalen Händlern begleitet, die versuchen, uns kalte Getränke, Snacks und Souvenirs zu einem relativ hohen Preis zu verkaufen. Ich habe bereits gelesen, dass Leute aus den nahegelegenen Dörfern sich auf allen weniger touristischen Abschnitten der Großen Mauer als Händler betätigen und versuchen, auf diese Weise Geld zu verdienen. Nachdem ich eine Weile mit einem von ihnen gehandelt habe, gelingt es mir, ein kaltes Getränk zu einem angemessenen Preis zu bekommen.

Gestern abend hat uns Leon erzählt, dass der Mauerabschnitt in Mutianyu weniger touristisch ist als andere Teilstücke, Badaling zum Beispiel, und er hat nicht zuviel versprochen. Wir begegnen nur einer überschaubaren Anzahl an Touristen, und jeder nimmt Rücksicht auf die anderen.

Am Wachturm Nr. 20 treffen sich die meisten aus unserer Gruppe wieder. Einige von uns machen hier einfach eine Pause, andere beschließen, die Mauer weiter entlangzuwandern bis zum Wachturm Nr. 22, dem vermutlich anstrengendsten Teil des Mutianyu-Mauerabschnitts, da es hier steil bergauf geht.

Auf dem Rückweg in Richtung Wachturm Nr. 6 laufe ich zusammen mit Petra, der anderen Deutschen. Wir machen Fotos voneinander entlang der Mauer und steigen dafür auch auf die Dächer der Wachtürme. Schließlich erreichen wir die Treppe und steigen die vielen Stufen hinab. Andere aus unserer Gruppe nehmen die Seilbahn oder die Rodelbahn oder laufen wie wir die Treppe hinunter.

Zurück in Peking bringt Leon uns in ein großes chinesisches Kaufhaus, wo man fast alle erdenklichen chinesischen Gegenstände kaufen kann, da einige aus unserer Gruppe ihn hierum ausdrücklich gebeten haben. Anschließend führt er die meisten aus unserer Gruppe durch die Anlage des Himmelstempels. Ich bin bereits vor drei Tagen dort gewesen, deswegen beschließe ich, stattdessen eine der Malls in der Nähe unseres Hotels aufzusuchen.

Da ich fast den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, bin ich wirklich hungrig. Im Food Court der Mall stehe ich vor einer Vielzahl an Essensständen, wo, wie überall in Asien, das Essen vor dem Kunden frisch zubereitet wird. Ich möchte nur eine Kleinigkeit essen, weil Leon mit uns heute abend Peking-Ente essen gehen wird. Keiner der Angestellten spricht auch nur ein Wort Englisch. Als ich auf einige selbstgemachte Wontons zeige, die in einer Suppe serviert werden, beginnt die Angestellte vor mir, heftig zu gestikulieren. Nach einiger Zeit verstehe ich, dass ich zunächst am Hauptschalter bezahlen muss, bevor ich mein Essen bestellen kann. Die Kassiererin dort spricht ebenfalls nur chinesisch. Fünf bis zehn Minuten lang kämpfe ich damit, ihr zu erklären, was ich möchte, aber sie scheint mich nicht zu verstehen. Schließlich holt sie ein Schild mit einer detaillierten Anleitung auf Englisch hervor, so dass ich endlich Geld auf eine Plastikarte laden, bezahlen und mein Essen bekommen kann. Die Wontons werden direkt vor mir zubereitet. Jedes einzelne von ihnen wird handgemacht und in heißem Wasser gekocht, bevor ich es in einer Brühe serviert bekomme. Die Wontons sind sehr lecker und der perfekte Snack für zwischendurch.

Um 19.00 Uhr treffe ich meine Gruppe in der Hotellobby wieder. Wir nehmen einen öffentlichen Bus, um zum Restaurant zu kommen. Von der Bushaltestelle, an der wir aussteigen müssen, laufen wir in ein Hutong hinein. Die Straßen sind dunkel und wir biegen diverse Male ab. Ohne Zweifel, jeder Nicht-Einheimische würde sich hier binnen Sekunden verlaufen. Schließlich erreichen wir ein kleines, lokales Restaurant mit einem Innenhof. Leon hat einen privaten Raum mit zwei Tischen für unsere Gruppe reserviert.

Vor dem Abendessen haben wir die Gelegenheit zuzuschauen, wie die Ente zubereitet wird. Die Peking-Ente wird uns dann in drei Teilen serviert: die geröstete Haut, das Fleisch und ein dritter Teil, der aus Haut und Fleisch besteht, werden auf separaten Platten an unsere Tische gebracht. Des Weiteren bekommen wir ultradünne Pfannekuchen, Gurkenstücke, Frühlingszwiebeln, Bohnensauce, Zucker und Knoblauchpaste. Leon zeigt uns, wie Chinesen die Peking-Ente essen würden. Alle Zutaten inklusive der gerösteten Haut und dem Fleisch werden in die Pfannekuchen eingewickelt und zusammen gegessen. Zusätzlich hat Leon weitere Gerichte pro Tisch bestellt; ein vegetarisches Gericht mit Auberginen, Hühnchen mit Erdnüssen, frittiertes Schweinefleisch und Rindfleisch, das auf einem heißen Stein gegart wird. Das Essen ist fantastisch und mehr als reichlich, es hätte vermutlich ausgereicht, um die doppelte Anzahl an Leuten satt zu bekommen.

Auf dem Rückweg von der Bushaltestelle zu unserem Hotel zeigt uns Leon ein Restaurant, wo er beabsichtigt, morgen zu frühstücken, und er bietet uns an, uns ihm anzuschließen, bevor wir den Platz des Himmlischen Friedens und die Verbotene Stadt besichtigen werden.

Nachdem ich meinen Mitreisenden eine gute Nacht gewünscht habe, setze ich mich in die Internet-Ecke der Hotellobby, um ein paar E-Mails zu schreiben. Da der Akku meines Laptops fast leer ist, frage ich eine Frau, die neben den Steckdosen sitzt, ob ich mich an ihren Tisch setzen dürfe. Sie kämpft gerade mit ihrem G-Mail-Account und fragt mich, ob ich dasselbe Problem habe; da ich jedoch einen anderen Anbieter verwende, funktioniert meiner problemlos. Schon bald kommen wir ins Gespräch. Ihr Name ist Jane und sie kommt aus Boston. Sie ist zusammen mit ihrem Sohn nach Peking gekommen, der sich auf einer Konzertreise mit seinem Jugendorchester befindet und ein paar Konzerte in und um Peking gibt. Jane und ich stellen fest, dass dies für uns beide der erste Besuch in Peking ist, dass wir jedoch beide zuvor bereits in Tibet gewesen sind. Sie ist vor ein paar Jahren zusammen mit ihrer Tochter nach Lhasa geflogen und hat sich dort einen privaten Führer und einen Fahrer genommen. Sie haben ein paar Tage in Lhasa verbracht und einen ganztägigen Ausflug zum Kloster Ganden, einem der drei wichtigsten Klöster des tibetischen Buddhismus, gemacht, das sich 50 Kilometer östlich von Lhasa befindet. Jane und ich führen ein gutes Gespräch und aus wenigen Minuten werden anderthalb Stunden. Deswegen ist es sehr spät, als ich schließlich in mein Hotelbett falle.

Leider hatte ich meine Kamera vergessen, als wir Peking-Ente essen gegangen sind, sodass ich von diesem Abend keine Fotos habe.

Bist Du schon mal auf der Großen Mauer gewesen? Welchen Mauerabschnitt hast Du besucht?

A Wonder of the World: The Great Wall of China

A Wonder of the World: The Great Wall of China

The Mutianyu section is located 70 kilometres northeast of Beijing

The Great Wall stretches over thousands of kilometres from east to west along the North bound of the country

The Great Wall, Mutianyu

The Mutianyu section is lesser touristy than other parts of the Great Wall

Mutianyu is a lesser touristy section of the Great Wall than other parts

It is also one of the best preserved parts of the Wall

An Archway on the Wall

An Archway on the Wall

The Great Wall, Mutianyu

Not so many tourists

The Great Wall, Mutianyu

The Mutianyu section is 2250 metres long

A Watch Tower

Remarkable are its 22 Watch Towers

Great Wall, Mutianyu

At Mutianyu the Great Wall is seven to eight metres high and on its crown four to five metres wide

Great Wall, Mutianyu

Its construction started in the 6th century

Stairs are leading down

Stairs are leading down

Build to defend China of the Barbarians from the North

Build to defend China of the Barbarians from the North

The Great Wall during Springtime

The Great Wall during Springtime

The Monument is even visible from space

The Monument is even visible from space

The part between Tower 20 and Tower 22 is the steepest part of Mutianyu

Between Tower 20 and Tower 22 is the steepest part of Mutianyu

The Great Wall here ascends higher...

The Great Wall here ascends higher…

... and higher

… and higher

Leading up

Leading up

... and down

… and down

Taking photos along the Wall (Photo taken by Petra Folgner)

Taking photos along the Wall (Photo taken by Petra Folgner)

Climbing on top of the Watch Towers (Photo taken by Petra Folgner)

Climbing on top of the Watch Towers (Photo taken by Petra Folgner)

Walking back towards Tower 6

Walking back towards Tower 6

Another Archway

Another Archway

and another Watch Tower

and another Watch Tower